Von männlichen Hebammen, starken Frauen und Geburtenliebe

Von Gastautor Jacob Trojan

“Und was machst du nach dem Abi?”

Früher hätte ich darauf immer “hoffentlich Medizin studieren…vielleicht (?)” geantwortet, aber seit ein paar Jahren kann ich voller Stolz behaupten: “Hebamme!” Darauf folgen oft fragende Blicke oder ein leises “Aha”. Denn leider falle ich nicht unter die ca. 26.000 weiblichen Hebammen in Deutschland, sondern unter die 20-50 männlichen – die nennt man übrigens auch Hebamme.

Während es in anderen Ländern ganz normal ist, dass Männer diesen Beruf ausüben und auch in Deutschland schon längst männliche Gynäkologen und Pfleger an der Tagesordnung sind, ist eine männliche Hebamme immer noch ein echtes Unikat. Ich mache seit einiger Zeit ein Praktikum in einem Kreißsaal und habe dort bis jetzt nur positive Erfahrungen bezüglich meines Geschlechts gemacht, sowohl von Seiten des Teams als auch von den Gebärenden.

“Sie sind ja nun keine Frau… Glauben Sie, damit können Sie umgehen?”

Das war aber nicht immer so. Erst letzten Herbst wurde ich für ein (für das Studium verpflichtendes) Praktikum abgelehnt, weil “zum Schutz der Intimsphäre der Patientinnen” keine männlichen Praktikanten in den Kreißsaal durften. Außerdem stelle ich mich bei jedem Bewerbungsgespräch für einen Studienplatz auf folgende Lieblingsfrage ein: “Sie sind ja nun keine Frau… Glauben Sie, damit können Sie umgehen?” Und ja, ich kann das. Sicher wird es nicht immer leicht, aber es muss sich etwas ändern, vor allem in den Köpfen der Klinikleitungen. Bei den allermeisten Patientinnen ist dieser Wandel, glaube ich, schon im vollen Gange oder vielleicht sogar schon passiert.

Aber warum überhaupt Geburtshilfe und nicht einfach Medizin oder Krankenpflege?
Wie viele medizinische Berufe gibt es schon, bei denen das Gesunde über der Krankheit steht, bei dem Medizin, Psychologie und Soziales so sehr Hand in Hand gehen und man noch dazu jeden Tag einen der schönsten Vorgänge im menschlichen Körper bewundern darf?

“Ich durfte in den letzten Wochen viele Geburten beobachten und lasst mich euch eins sagen: Geburten sind kein Wunder, sondern unendliche weibliche Kraft.”

Geburten sind das Fundament des Lebens. Der Ursprung und die Wurzel aus der wir wachsen. So ein wichtiger, entscheidender Moment verdient, sowohl gesellschaftlich als auch politisch einen viel höheren Stellenwert.

Ich durfte in den letzten Wochen viele Geburten beobachten und lasst mich euch eins sagen: Geburten sind kein Wunder, sondern unendliche weibliche Kraft. Eine Mutter, der der Bauch oft unter vollem Bewusstsein aufgeschnitten wird, die trotzdem unendlich glücklich strahlt, sobald sie ihr Baby sieht. Die letzten Presswehen. Stöhnen, schreien, fluchen, weinen und ein neues Leben beginnt.

Diesen Beruf bald erlernen und später ausführen zu dürfen, erfüllt mich mit purem Stolz und es ist mir eine Herzensangelegenheit, dass ich so viele Frauen wie möglich dabei unterstützen kann, dass die Geburt ihnen nicht nur wie ein Wunder erscheint, sondern wie ein Beweis ihrer eigenen Stärke, ganz egal wie oder wo sie ihr Kind auf die Welt bringt. Es sollte zum Berufsethos jeder Hebamme gehören, niemals die Ehrfurcht vor dieser Leistung zu verlieren.

Seid stolz auf euch!

 

Über Jacob:

Ich bin Jacob, 19 Jahre alt und lebe mit meiner Hündin Shaggy im Bergischen Land. Am liebsten verbringe ich die Zeit, in der ich gerade auf einen Studienplatz warte, auf Reisen mit meinem Partner und unserem Dachzelt. Neben meiner Leidenschaft für Geburtshilfe, liebe ich es, mich kreativ auf verschiedenste Weise auszuleben. Am allerliebsten durch Nähen oder Fotografieren. Nach dem Studium möchte ich irgendwann am allerliebsten Hausgeburten betreuen.

 

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Fotocredits: Christian Bowen via Unsplash