Von Gastautorin Jennifer Pritzkow
Wenn wir morgens die Rollos hoch machen und die Sonne scheint, gestaltet sich die Tagesplanung einfach: Frühstücken, Hundedame aus den Federn werfen, anziehen und erstmal eine große Runde laufen. Gerne mit Stopp beim Bäcker, auf dem Spielplatz und bei unserem Lieblingsbauern zum Kühe streicheln.
Aber was tun, wenn sich hinter dem sich öffnenden Rollo graue Wolken türmen und es regnet?
Zu Beginn warf mich das dezent aus der Bahn, da das Fröschlein schon mal unleidlich werden kann, wenn sie nicht darf, was sie möchte. Und sie möchte am liebsten immer dabei sein und helfen. Am Anfang hat mich das öfter mal an den Rand der Verzweiflung gebracht. Sie hat mir die Schüsseln aus dem Schrank und die Teller aus der Spülmaschine geräumt, geweint wenn sie den Staubsauger nicht haben durfte, geweint wenn sie nicht auf meinem Arm sein konnte beim Kochen etc.
“Wir drucken uns Bilder ihrer Lieblingsserie in schwarzweiß aus und malen sie an oder sortieren alle möglichen Dinge nach Farben, bis sie mich ärgern möchte und alles bloß noch Rosa ist.”
Bis mir auffiel, dass an dem Spruch “Kinder sind die Spiegel ihrer Eltern” mehr dran ist, als gedacht. Also hilft sie, im Haushalt, beim Kochen. Sie zerkleinert z.B. die Pilze mit den Fingern – “popelt” um es mit ihren Worten zu sagen – und sortiert den Schrank um, wenn ich in der Küche bin, sie saugt wenn ich fertig bin. Und wenn alle Notwendigkeiten erledigt sind, dann backen wir Plätzchen aus Knete, kochen in ihrer Küche, bauen Höhlen, bemalen ihr Haus aus Pappkarton und decken all ihre Kuscheltiere und die Hundedame 100 mal zu und wieder auf, spielen Baby und bekleben so lange alles mit Stickern, bis es bunt genug ist. Wir drucken uns Bilder ihrer Lieblingsserie in schwarzweiß aus und malen sie an oder sortieren alle möglichen Dinge nach Farben, bis sie mich ärgern möchte und alles bloß noch Rosa ist. Und wenn ich einen Auftrag habe und Knoten muss, dann bekommt sie die ganz großen Perlen und Wolle und darf fädeln. Nicht dass sie kein Fädel-Spiel hätte, aber sie möchte mit meiner Wolle spielen. Oder wir malen mit Fingermalfarben. Damit kann man außerdem schöne Erinnerungen schaffen. Als sie noch kleiner war, habe ich Farbkleckse auf Bastelkarton gemacht und Folie drüber gelegt und sie hat darauf gehauen, hatte Riesenspaß und ich Bilder zum Verschönern ihres Zimmers. Auch eine schöne Geschenkidee: Füße oder Hände mit Porzellanfarbe anmalen, Tassen oder Teller damit “bestempeln” und Tiere daraus machen. Da sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt und die ganze Familie freut sich, wenn sie so etwas geschenkt bekommt.
“Manchmal auch mal machen lassen ohne direkt ‘Nein’ zu rufen, um dann festzustellen, dass sie uns bloß helfen möchten und nicht, weil Sie uns ärgern wollen.”
Was ich damit sagen will ist, wir machen uns ständig Gedanken, wie wir unsere Kinder beschäftigen, wie wir sie fördern, fordern, auslasten oder wie auch immer man es formulieren möchte. Aber eigentlich müssen wir ihnen einfach bloß vertrauen, ihnen mehr zutrauen. Manchmal auch mal machen lassen ohne direkt “Nein” zu rufen, um dann festzustellen, dass sie uns bloß helfen möchten (und vielleicht gerade total niedlich, die viel zu schwere Wasserflasche durchs Wohnzimmer tragen, weil Mama sagte, ich muss mal etwas trinken) und nicht, weil Sie uns ärgern wollen. Wie aufmerksam, oder? Und wie unhöflich wäre es von uns, dafür zu schimpfen?! Oft habe ich mich gefragt, ob das zu wenig ist, ob die Motorik leidet, ob dies ob das ob jenes. Aber mein Kind ist noch keine 2, zieht die Aufkleber von Stickern alleine ab und öffnet ihren Joghurt – oft zu unserem Leidwesen – alleine. Traurig ist, dass man sich selbst viel zu sehr unter Druck setzt, dass man ständig denkt, jeden Tag einen Stundenplan abarbeiten zu müssen. Sie sind beschäftigt, so lange wir mit ihnen interagieren, sie die Welt entdecken können und wir ihnen das Gefühl geben, dass wir stolz auf sie sind, wenn sie alle Joghurtdeckel abmachen und fröhlich “Jogdurt” rufen.
Und wenn sie wirklich mal in der Spielecke verschwindet, dann sitze ich am Tisch, beobachte sie mit meinem Kaffee in der Hand, bin einfach stolz und glücklich und genieße die 2 Minuten Ruhe.
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Über Jennifer:
Jenny ist 35 Jahre alt, Mama einer fast 2-jährigen Tochter und einer fast 11-jährigen Hundedame. Aktuell befindet sie sich in Elternzeit und hat im November 2021 ihr eigenes kleines Handmade-Business “Prinzessin Fröschlein” gestartet.
Photocredits: Jennifer Pritzkow, Brina Blum on Unsplash