Gerechte Verteilung von Care- und Erwerbsarbeit: Eine Herausforderung für Eltern

Von GastautorInnen Marielle und Mike

Kochen, trösten, Kleidung in der nächsten Größe vorrätig haben, Babykurse suchen, buchen und besuchen plus eine schier endlose Liste an Haushalts- und Betreuungstätigkeiten. Mit der Geburt des ersten Kindes kommen viele Aufgaben auf Mütter zu, während Väter oft finanziell für die Familie sorgen. Frauen leisten im Durchschnitt über 50 % mehr unbezahlte Care-Arbeit als Männer, und dieser Effekt verstärkt sich, wenn Kinder ins Spiel kommen.

Im Ernährer-Hausfrauen-Modell – sprich der Mann verdient das Familieneinkommen und die Frau kümmert sich um die Care-Arbeit – leistet die Frau über das Dreifache im Haushalt. Jetzt könntest du sagen: „Ist ja auch okay, schließlich arbeitet der Vater.“ Jedoch spiegelt sich das im Ernährerin-Hausmann-Modell nicht wider. Dort verbringt die Mutter mehr als doppelt so lange mit Haushaltstätigkeiten wie der Vater. Am gerechtesten ist es, wenn beide gleichmäßig zum Familieneinkommen beitragen – dann arbeitet die Mutter nur noch knapp 60 % mehr als der Vater.Die ausführliche Studie „Gendered Housework: Spousal Relative Income, Parenthood and Traditional Gender Identity Norms“ von Joanna Syrda fand diese Ergebnisse heraus.

Zwei Belastungen entstehen durch diese Arbeitsverteilung: Erstens liegt die mentale Verantwortung bei der Mutter, zweitens die finanzielle Verantwortung und der Vorteil beim Vater. Etwa 93 % der Eltern in Deutschland leben das Ernährer-Hausfrauen-Modell. Was alles ein kleineres Problem wäre, wenn nicht Scheidung, Trennung, Krankheit und Tod zu außergewöhnlichen Belastungen (oft auch für die Finanzen) führen würden. Betrifft euch nicht? Jede dritte Ehe wird in Deutschland nach durchschnittlich 15 Ehejahren geschieden.

Das Ziel ist also die gleichmäßige Verteilung von Care- und Erwerbsarbeit, damit beide Elternteile auch im Alter finanziell versorgt sind. Um dies zu erreichen, sollte die Verteilung der Care-Arbeit bewusst und sichtbar gemacht werden. Denn Mädchen und junge Frauen lernen, sich um andere zu kümmern und hübsch auszusehen, während Jungen und junge Männer lernen, zu verhandeln und sich für MINT-Fächer zu begeistern. Egal, ob Spielwaren, Bücher, Filme & Serien, in der Kita, der Schule oder im Bekannten- und Familienkreis.

Am besten klappt dies in zwei Schritten: Erstens eine Bestandsaufnahme durchführen und zweitens die laufenden Aufgaben niederschreiben.

Bestandsaufnahme

Nehmt euch jeweils einen Post-it-Block in einer anderen Farbe, schreibt eine Aufgabe drauf und legt ihn auf den Tisch oder klebt ihn an die Wand. Das macht ihr so lange bis alle To-Dos sichtbar sind. Achtet darauf, dass ihr nicht zehn Tätigkeiten unter einen Begriff packt. Beispielsweise hängt am Essen kochen auch die Essensplanung, Vorratsplanung, Einkaufsliste, Einkäufe, Vorlieben und Abneigungen zu wissen und so einiges mehr. Habt ihr alles, sollten zwischen 200 und 500 Post-Its an der Wand hängen. Nun verteilt ihr neu – wer übernimmt grundsätzlich welche Aufgaben?

Laufende Aufgaben

Ein Whiteboard an der Wand oder ein Zettel am Kühlschrank dient als öffentliche To-Do-Liste. Jede Woche bekommt eine neue Stiftfarbe. Alle schreiben alle Aufgaben auf, die neu anstehen (z. B. Kuchen für Geburtstag backen). Einmal die Woche verteilt ihr die Aufgaben unter euch.

Finanzielle Herausforderung

Wählt ihr etwas anderes als eine 50:50-Verteilung der Care- und Erwerbsarbeit, braucht es eine Art finanziellen Ausgleich. Am einfachsten gelingt dies, wenn alles Einkommen als Familieneinkommen auf einem gemeinsamen Haushaltskonto eingehen. Von diesem werden alle gemeinsamen Ausgaben getätigt und am Ende des Monats wird das verbliebene Geld hälftig auf das jeweils eigene Konto überwiesen.

Wer das nicht möchte, braucht eine andere kreative Lösung. Beispielsweise der Abschluss einer zusätzlichen Rentenversicherung, das besparen eines ETF-Sparplans oder höhere Anteile am Eigenheim. Wichtig ist, dass Care-Arbeit einen Wert in eurer Beziehung erhält und nicht als selbstverständlich erachtet wird. Ein Wert ist dabei keine Blumen oder schöne Worte, denn damit kann man nicht ins Kino gehen oder in den Urlaub fahren.

 

Über Marielle und Mike:
Wir sind Marielle und Mike und lieben selbstbestimmte Beziehungen auf Augenhöhe. Unser Ziel ist es, Paaren dabei zu helfen, ihre Beziehungsziele finanziell zu erreichen und ihre Beziehung auf diese Weise zu stärken. Wir möchten euch dabei unterstützen, euch von hinderlichen Rollenerwartungen zu lösen und in eure eigenen Bedürfnisse einzutauchen.

Mike ist Psychologe (Master of Science) und Marielle Betriebswirtin (Master of Arts) sowie ausgebildete Business Coach (IHK). Gemeinsam betreiben wir den größten deutschsprachigen Finanzblog für Paare und haben Angebote wie unsere Elternzeitplanungs-Masterclass und den Kinderfinanzkurs. Im Februar diesen Jahres erschien unser Sachbuch “Love & Money”, der erste Finanzratgeber für Paare ist im dtv-Verlag.

 

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Photocredits: Pawel Czerwinski via Unsplash