Das perfekte Mamaleben… Gibt es das wirklich?

Von Gastautorin Jennifer Pritzkow

Das perfekte Mamaleben… Gibt es das wirklich? Laut Social Media und den meisten Geschichten, die einem so zugetragen werden, schon.

Bei mir war es leider oft gar nicht perfekt und das hat mir irgendwann unterbewusst sehr zugesetzt. Gefühlt hat nie etwas gereicht, weder die Schwangerschaft, aufgrund der Übelkeit, noch die Geburt, weil ich eine PDA benötigte. Ich war so unsicher und enttäuscht, dass ich meinen Mann fragte, ob er wenigstens ein bisschen Stolz auf mich sei, er hingegen verstand die Welt nicht mehr, hatte ich doch gerade unsere Tochter zur Welt gebracht.

Das Abnehmen nach der Geburt ging nicht so schnell wie gedacht, dabei sehen alle Anderen doch gleich wieder so unglaublich gut aus, meist schon umgehend nachdem sie den Kreißsaal verlassen haben. Auch ließ unsere Tochter mich hier nicht den ganzen Tag putzen, kochen und aufräumen, weil Ablegen einfach bis heute nicht ihr Ding ist. Sie war halt bei mir in der Trage und heute hängt sie an meinem Bein, wenn ich zu lange brauche und ihr langweilig wird. Wie schlecht fühlt man sich als perfekte Mutter, mit perfektem Haushalt und perfektem Kind, wenn man total genervt ist?

Irgendwann kam hier z. B. eine Phase, in der sie nicht mehr schlafen wollte. Wir waren in dieser Phase jede Stunde nachts wach. Das Ganze dauerte einige Monate und auch wenn mein Mann Verantwortung übernahm, wo er nur konnte, machte mich dieser selbst auferlegte Druck fertig. Ich war also nicht bloß müde, denn statt tagsüber zu schlafen, wenn unser Fröschlein schlief, habe ich Sport gemacht und geputzt. Ich war auch total gereizt und ständig am Weinen.

Und dann kam irgendwann der Punkt, an dem ich anfing zu reflektieren: Will ich das wirklich? Was will ich wirklich? Und wenn es das nicht ist, was ich will, wieso tue ich es dann? Ich habe gemerkt, dass ich mich nicht mit Dingen beschäftige, die mir gut tun, sondern mit Dingen, die scheinbar so sein müssen, weil es von irgendjemandem erwartet wird. Aber wer ist dieser jemand?

Es hat eine Weile gedauert und einige Gespräche mit Freundinnen und auch mit anderen Frauen gebraucht, die sich an mich gewandt hatten, weil ihnen zugetragen wurde, dass ich sage, wie es ist und dass eben nicht immer nur alles rosig ist. Alle waren dankbar, allen ging es ähnlich wie mir. Aber wieso tun wir uns so schwer damit, darüber ehrlich zu sprechen?

Vielleicht liegt es daran, dass uns allen seit der Kindheit erzählt wird, dass bloß perfekt gut genug ist. Aber brechen wir aus dem Hamsterrad nicht aus und versuchen wirklich alles perfekt hinzubekommen, neben unserem Job als Mama, so geben wir genau das weiter. Am Wichtigsten ist es perfekt zu sein, nicht das Spielen, nicht das Lachen, nicht die Harmonie, sondern bloß perfekt sein. Die Frage ist aber: Wollen wir das? Tun wir unseren Kindern damit einen Gefallen? Tun wir uns damit einen Gefallen? Bei mir war die Antwort ein klares Nein! Und so arbeite ich täglich an mir, auch mal Dinge liegen zu lassen und mich nicht zu stressen. Gar nicht so einfach, einfach nur zu spielen, zu rutschen und zu lachen, dabei ist es genau das, was doch als Mama unsere Arbeit ausmacht oder nicht?

Heute haben wir geputzt, weil das Fröschlein putzen wollte und wir haben zusammen, ganz ohne Stress, aber dafür mit viel Spaß unseren Frühjahrsputz erledigt.

Immer mit dem Strom schwimmen, nie dagegen. Das erfordert manchmal echt Überwindung und zeigt mir deutlich, wie tief der Wunsch und Drang immer perfekt sein zu müssen, in mir verankert ist und vermutlich auch in den meisten anderen Menschen. Auch die Tatsache, dass eigentlich “nur” Mama sein, ja überhaupt nichts ist. Hat man nicht noch irgendwas getan, außer sich um sein Kind zu kümmern, ist man direkt “faul” oder “hat keine Lust zu arbeiten”. Von diesen gedanklichen Zwängen muss man sich erstmal frei machen. Das ist nicht leicht, aber für mich hat sich die Entscheidung gelohnt. Ich fühle mich wohler und bin glücklicher und unser ganzes Familienleben ist viel harmonischer.

Ich bin Jenny, ich bin nicht perfekt und das ist auch gut so.

 

Über Jennifer:

Jenny ist 35 Jahre alt, Mama einer fast 2-jährigen Tochter und einer fast 11-jährigen Hundedame. Aktuell befindet sie sich in Elternzeit und hat im November 2021 ihr eigenes kleines Handmade-Business “Prinzessin Fröschlein” gestartet.

 

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Photocredits: Fuu J on Unsplash